Muslime in blau-weißem Hamburg unter viel Sonne unterwegs
Motto des Kirchentags. Foto: EC |
Ein Programmheft mit 600
Seiten ließ einen wissen, dass immer etwas verpasst wird. Zehntausende von
Menschen feierten gemeinsam den Kirchentag und es fiel besonders die friedliche
Stimmung auf, welche mit Gebeten und Gesang und politischer Prominenz ergänzt
wurde. Ein Blick auf die Dauer-Teilnehmer und Besucher machte sowohl
Begeisterung als auch die ein oder andere Ermüdung deutlich. Kritik und Lob
wurden sowohl öffentlich als auch im Dialog untereinander ausgetauscht.
B. Genc im Dialog. Foto: EC |
Genc, Reporterin des
RAMSA im Dialog
Einer der Veranstaltungen
am letzten Abend erreichte unbemerkt von der Öffentlichkeit seinen Höhepunkt
mit geschwisterlichen Gebeten aus dem Publikum in der St. Georgskirche. Die Kirche
war überfüllt, auf dem Hof standen noch Besucher mit hartnäckiger Hoffnung, in
die der Kirche einen Platz finden zu können. Christen und Muslime sendeten eine
deutliche Botschaft aus der Kirche, mitten im Herzen Hamburgs aus: Wir möchten
genau das, mehr Dialog! „Ich würde mir
wünschen, ganz Deutschland wäre so offen und kritikfähig, wie die Menschen hier
auf dem Kirchentag. Es ist nicht wichtig, dass man keine Kritik bekommt.
Sondern es ist wichtig, konstruktive Kritik zu hören und den Willen des
Verstehens zu spüren. Das gilt natürlich für beide Seiten! Auf dem Kirchentag
habe ich gelernt, was Dialog wirklich bedeutet: Und zwar das spürbare
Miteinander statt das Übereinander! Hierbei geht es nicht um das Überzeugen des
Gegenübers, sondern um den Informationsaustausch. Schön, diesen Kirchentag
erleben zu dürfen“, so ein der vielen muslimischen Dialogbeauftragten zu
Gast in Hamburg.
A. Yassof im Dialog. Foto: EC |
Überwiegend positive Resonanz
Khelladi und sein Dialog-Team
vom RAMSA führten am Stand, welches in der Hamburger Messehalle im Rahmen des
Kirchentags 2013 aufgestellt wurde, zahlreiche positive Gespräche.
„Insgesamt
ist die Resonanz sehr groß und überwiegend positiv. Viele Kirchentagsbesucher nutzen
die Möglichkeit zum Austausch und kommen mit vielfältigen Anliegen und
Fragestellungen an unseren Messestand, was uns natürlich sehr freut. Die
Bewunderung der Kalligraphiekunst hat viele Besucher an unserem Stand verweilen
lassen und es ist uns gelungen, dadurch eine Brücke zu den Menschen aufzubauen
und ins Gespräch zu kommen,“ so Yassof.
Khelladi (dritter von rechts) mit seinem Dialog-Team. Foto: EC |
Yassof betont auch, dass die
vielfältigen vertretenen Initiativen am Kirchentag zeigten, dass das Engagement
der Menschen für die Gesellschaft aus religiösen Motiven nach wie vor sehr groß
und wichtig ist und fügt ergänzend hinzu: „Kirchliche Organisationen als
Träger von sozialen und karitativen Einrichtungen sind zahlreich und werden als
selbstverständlich angesehen. Diese Selbstverständlichkeit der Anerkennung und
Wertschätzung wünsche ich mir auch für muslimische Einrichtungen und
Initiativen, denn die moderne Zeit verlangt von Religionen, dass sie der
Gesellschaft einen konkreten Nutzen stiften.“
Erfreut waren die Muslime über
die zahlreichen Möglichkeiten der Begegnung unter den Gläubigen verschiedener
Religionen. Da zum Kirchentag Gläubige aus ganz Deutschland strömten, war dies
eine gute Möglichkeit das Miteinander der Religionen zu proben, so wie es im
Alltag eigentlich sein solle.
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Frank-Walter Steinmeier und Tezer Güc. Foto: KCID e.V. |
Auch der stellvertretende Vorsitzende des KCID (Koordinierungsrat Christlich Muslimischer Dialog e.V.) Tezer Güc sah als seine Aufgabe auf dem Kirchentag, die Bedeutung des Dialogs zu vermitteln. „In den Gesprächen mit den Andersgläubigen, ist uns aufgefallen, dass diesen die Existenz von Muslimen zwar bewusst, jedoch die Kenntnis über den Islam und die Muslime sehr wenig ist.
So war es wichtig, Vorurteile durch fundiertes Wissen abzubauen. Es ist
sehr produktiv, die Gelegenheit zu haben, auch unsere Perspektive zeigen zu
können“, betont Güc. Sehr erfreut waren Mitwirkende über den Besuch von SPD-Fraktionsvorsitzenden
Frank-Walter Steinmeier an interreligiösen Ständen, wie zum Beispiel an dem des
KCID.
Muslime zu Besuch an anderen Ständen
Als RAMSAner auch von Stand zu
Stand unterwegs sind, begegnen sie den unterschiedlichsten Christen. Darunter
Christen, die extra aus Brasilien angereist waren, Baptisten oder Vertretern
der CDU. Auch der Pastor der Baptisten in Deutschland habe das Gefühl, als
wären alle Besucher mit großer Freude am Kirchentag anwesend:
„Ich habe den Eindruck, dass die Besucher offen sind,
gerne hier sind, dass sie nachdenken möchten, sich auch gerne inspirieren
lassen“, fasst dieser zusammen. Ergänzt
wird vom Pastor, dass er auch viele Dinge von den Besuchern lerne: „Solange
man sich im Anderssein respektiert, ist die Begegnung mit Muslimen sehr sehr
gut möglich. Wenn mein Gegenüber Probleme damit hat, den Andersgläubigen zu
respektieren, dann habe ich auch Probleme damit. Und es ist egal, von welcher
Konfession oder Religion er ist.“
Baptist. Foto: B. Genc |
Es sei sehr wichtig, dass Muslime am Kirchentag vertreten
sind: „Als Gesprächspartner und Herausforderer, den eigenen Glauben zu
formulieren, finde ich die Anwesenheit der Muslime sehr wichtig. Ich brauche
das Gespräch und ich nutze das Gespräch mit Menschen anderen Glaubens, oder
auch gar keinen Glaubens. Auch für mich selbst, weil es mir hilft, den
Standpunkt einzunehmen den ich habe. Ich will Worte für mein Glauben finden und
merke, dass im Gespräch mit dem Anderen diese geprägt werden“ fügt Pastor der Baptisten in Deutschland
hinzu.
Foto: own |
„Es gibt nicht nur
Kritik oder Zustimmung, sondern es gibt Redebedarf. Der Dialog wird gesucht!
Und das ist für uns ganz großartig, überhaupt diese Möglichkeit zu haben, mit
Menschen sich länger zu unterhalten“, betont
Monika von der Lippe und zeigt, dass der Dialog nicht nur von Muslimen gesucht
wird. Sie unterstreicht damit die Bedeutung des Dialogs im Allgemeinen.
Monika von der Lippe. Foto: B. Genc. |
Die Bedeutung, dass Muslime
beim Kirchentag vertreten sind, könne laut dem Vizepräsidenten des RAMSA gar
nicht hoch genug eingeschätzt werden:
„Wir als Muslime
können in einem historisch christlich geprägten Land nur dann als
gleichberechtigte Partner angenommen werden, wenn wir aktiv am Dialog mit den
christlichen Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften teilhaben. Zum Anderen
liegt es in unserem ureigensten Interesse antireligiösen Bestrebungen in einer
gemeinschaftlichen Front mit christlichen, jüdischen oder Andersgläubigen
entgegenzutreten.“
In der Tat waren zahlreiche Besucher sehr
erfreut, dass Muslime teilnahmen. Nicht selten wurden sie für seine Arbeit von
jung und alt gelobt. Als Beispiel sei die Begegnung eines Besuchers des RAMSA-Standes
erwähnt. Nach einer langen Unterhaltung mit türkischem Tee und Gebäck und einem
zufriedenem Lächeln verabschiedete er sich mit den Worten: „Danke, dass ihr
hier seid!“
Über den Kirchentag
Der Deutsche Evangelische
Kirchentag besteht seit 1949. Das Großereignis wird alle zwei Jahre in einer
deutschen Stadt durchgeführt. Der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag 2013 in
Hamburg fand vom 1.-5. Mai 2013 statt. Es gab din diesem Jahr 2013 über 100.000
Teilnehmende und ca. 40 000 Teilnehmer täglich vor Ort.
Mehr
zum interreligiösen Dialog auf dem 34. Kirchentag in Hamburg:
·
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/media/hamj26765.html
Verweise
auf Dialogarbeiten in Deutschland
·
http://hanseforum.org/
- RAMSA beim Kirchentag: http://www.ramsa-deutschland.org/ramsa-mitteilungen/muslime-auf-dem-kirchentag
- http://www.ciag-marl.de/?HomeÜber den Kirchentag
+++ Hier mein Kirchentags-Artikel (V.I) auf DTJ-online!
+++ Hier auf der Homepage des RAMSA mein Kirchentags-Artikel (V.I) wie auf DTJ, mit mehr Fotos zu sehen!!
+++Hier ein Artikel von Ayse Cindilkaya auf der RAMSA-Homepage zum Kirchentag